Hoher Besuch in Gelsenkirchen: Claudia Middendorf, die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung sowie für Patienten in NRW, war zu Gast in der Wohnstätte auf der Chattenstraße. Dort lernte sie die Einrichtung und die Verantwortlichen kennen – und bekam einen Einblick in die tägliche Arbeit. Das Haus Lebenshilfe wird vom Lebenshilfe Wohnverbund, ein Zusammenschluss der Lebenshilfe NRW und einigen Lebenshilfe Ortsverbänden, betrieben.
Vor dem Rundgang durch die Einrichtung sprach Claudia Middendorf mit Lisa Nückel (Leitung der Wohnstätten-Einrichtung), Torsten Prions (Fachbereichsleiter), Bärbel Brüning (Geschäftsführerin der Lebenshilfe NRW) und Frank Flieger (Vorsitzender der Lebenshilfe Gelsenkirchen). Schwerpunkt dabei: die aktuelle Situation rund um die Covid-19 Pandemie. Das Wohnheim auf der Chattenstraße hatte im April schwer mit der Pandemie zu kämpfen. So kam es dazu, dass sechs der insgesamt 25 Bewohner am Covid-19-Virus erkrankten und eine Mitbewohnerin sogar an den Folgen verstarb. „Das war für uns alle sehr hart“ sagt Lisa Nückel. „Wir haben nicht nur eine Bewohnerin verloren, die seit der Öffnung der Einrichtung bei uns lebte, sondern vielmehr eine Freundin, Partnerin und wichtige Ansprechpartnerin für uns und unsere Bewohner“. Die sechs Infizierten mussten drei Wochen in häusliche Quarantäne.
Schwere Situationen für alle Beteiligten
Die Corona-Pandemie zwang alle Beteiligten gleichermaßen zu einem völlig anderen Alltag. Werkstätten und Schulen blieben geschlossen – die Bewohner mussten zu Hause in der Einrichtung bleiben. Für viele war die Situation neu und zum Teil beängstigend, denn der gewohnte Tagesablauf war plötzlich ein ganz anderer.
Auch für die Familie und Freunde der Bewohner war die Situation schwer, weil auch auf den Wohngruppen, die nicht von der Quarantäne betroffen waren, ein striktes Besuchsverbot galt. So durften die Kinder nicht nach Hause zu ihren Eltern, es sei denn sie verpflichteten sich im Anschluss zu einer zweiwöchigen Quarantäne. Das stellt für viele der Kinder eine große Herausforderung dar.
Keine Besuche, kein Alltag und keine große Feier: Das Straßenfest zum 20-jährigen Bestehen der Wohnstätte musste abgesagt werden. Geplant war, die ganze Straße rund um die Wohnstätte abzusperren und ein großes Fest mit vielen Partnern und Freunden der Lebenshilfe zu feiern.
Für jeden etwas dabei
Im Anschluss an die Gesprächsrunde begleiteten Lisa Nückel, Torsten Prions, Bärbel Brüning und Frank Flieger Claudia Middendorf bei einem Rundgang durch die Wohnstätte. Diese besteht aus drei Wohnbereichen – eine für Erwachsene, zwei für Kinder und Jugendliche. Dass letzterer fleißig umgestaltet werden soll, präsentierte Lisa Nückel stolz. Die Bewohner entscheiden dann selbst, wie die Wohnbereiche gestaltet werden.
Den Garten teilen sich die Erwachsenen, Kinder und Jugendlichen. Dort können alle gemeinsam in der Sonne sitzen, im Sandkasten buddeln oder Fußball spielen.
Zum Abschluss gab es noch einen Besuch in den Räumlichkeiten der Tagesstruktur, die nur ein paar Gehminuten entfernt liegt. Dort verbringen Menschen mit Behinderung, die berentet sind oder wegen anderer Gründe nicht mehr zur Arbeit gehen können, ihren Alltag. Ob gemeinsam frühstücken, kochen, puzzeln oder einen Film schauen: Die Bewohner verbringen ihre Zeit zusammen wie eine Familie.
Claudia Middendorf war sichtlich begeistert und lobte die Arbeit in der Einrichtung „Man sieht, dass die Menschen hier gerne arbeiten und mit Herzblut dabei sind“.
Zur Person Claudia Middendorf: Seit Oktober 2017 ist Claudia Middendorf für die Belange der Menschen mit Beeinträchtigung zuständig. Dieses Amt wurde im Rahmen des Behindertengleichstellungsgesetztes im Jahr 2005 erschaffen. Dabei setzt sich Claudia Middendorf vor allem um die Gleichberechtigung und selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe dieser Menschen ein. In Ihrer Funktion berät sie die Landesregierung zu Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, hat jedoch doch keine Entscheidungsgewalt inne. Ihre Aufgaben liegen aber ebenso darin, die Öffentlichkeit über die Entwicklungen der Politik für Menschen mit Behinderung zu informieren. „Ein wichtiger Teil meiner Arbeit sind die Diskussionen und Gespräche mit den Behindertenbeauftragten der Städte und Kommunen“ so Middendorf. Die Arbeit auf der kommunalen Ebene zu verstehen ist demnach essenziell für ihre Arbeit.